Aufstellung eines Kulturentwicklungsplans

Schatten von Schauspielern hinter einem weinroten, leicht transparenten Vorhang. In der linken unteren Bildecke in schwarz und weiß der Schriftzug "KulturVision: Kulturentwicklungsplan 2035 aufstellen"

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Wir wollen die hallesche Kulturlandschaft grundlegend weiterentwickeln, um sie zukunftsfest zu machen. Dafür haben wir mit der KulturVision ein Paket geschnürt, das keine Insellösungen schafft, sondern für eine ganzheitliche Evolution auf materieller, struktureller und inhaltlicher Ebene sorgt. In drei Beiträgen stellen wir Euch und Ihnen die einzelnen Initiativen ausführlich vor. Eine Zusammenfassung zum Gesamtkonzept ist hier zu finden. An dieser Stelle soll es um den Kulturentwicklungsplan 2035 gehen.

Mit dem „Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ entsteht in Halle ein Ort der Wissenschaft, der Begegnung und der Kunst und Kultur, an dem nicht nur die Vergangenheit erforscht und Erfahrungen gewürdigt werden sollen. Auch die Frage nach der zukünftigen Gesellschaft und ihrer Kunst und Kultur soll am Zukunftszentrum aufgeworfen werden. Laut dem Ostbeauftragten Carsten Schneider solle das Zukunftszentrum ein Ort sein, an dem über die aktuelle Transformation unserer Gesellschaft gesprochen wird.[1] Verändert sich eine Gesellschaft, dann verändert sich auch ihre Kunst und Kultur.

Zwar stellt sich die Stadt Halle auf ihrer Website zum Zukunftszentrum als Kulturhauptstadt Sachsen-Anhalts vor, die über ein hochwertiges Angebot verfüge, das in seiner Dichte keine andere deutsche Stadt dieser Größenordnung zu bieten habe.[2] Allerdings zeigt ein Blick auf die Kulturpolitischen Leitlinien der Stadt, dass deren Aufstellung von 2014 heute überaltert scheint.[3] Hier klafft eine Lücke zwischen Kulturplanung und den aktuellen Herausforderungen an die Gesellschaft, die sich stark verändert hat. Demografischer Wandel und Migration, Digitalisierung, soziale Distinktion, Pluralisierung und soziale Spreizung wirken heute auf die Kulturpraxis und den Kulturkonsum ein. Die Kulturnachfrage und -produktion differenziert sich zunehmend generations- und gruppenspezifischer aus. Zudem hat die Corona-Pandemie die Gesellschaft und ihre Kultur nachhaltig beeinflusst. Diese Wandlungsprozesse bieten eine neue Chance, und stellen zugleich Herausforderungen an Kultureinrichtungen- und Akteur*innen, an Kunstprojekte und Künstler*innen.

Was ist Kulturentwicklungsplanung?

Kulturpolitik, verstanden als strategische Steuerung von Kulturförderung, muss auf solche Veränderungen Antworten finden. Dazu bedarf es einer Verständigung auf Ziele, auf Aufgaben und auf Veränderungsbedarf. Genau das ist das Ziel der Kulturentwicklungsplanung (KEP), ein seit den 1970er Jahren bewährtes kulturpolitisches Planungsinstrument. Ziel der Kulturentwicklungsplanung ist es, die vielfältigen kulturellen Akteur*innen einer Stadt systematisch in einer Bestandsaufnahme zu erfassen und darauf basierend Entwicklungsperspektiven zu ermitteln. Damit soll eine valide Entscheidungsgrundlage für die Weiterentwicklung der Kulturlandschaft und kultureller Leitlinien und die mögliche Neuausrichtung von Kultureinrichtungen sowie -förderungen geschaffen werden.[4] Dieser Prozess muss unter Einbeziehung von Bürger*innen und Kulturakteur*innen sowie Expert*innen angegangen werden.

Die Kulturentwicklungsplanung hat in Deutschland seit einigen Jahren Hochkonjunktur.[5] So wurden Kulturentwicklungsplanungen zuletzt für Düsseldorf[6], Köln[7] und Frankfurt[8] angegangen, aber auch kleinere Kommunen wie Frankfurt (Oder)[9] und Dessau-Roßlau[10] setzen auf das Instrument der KEP.

Die Kulturentwicklungsplanung beschreibt dabei einen partizipativen Prozess, der Herausforderungen und Potentiale im Kulturbereich sichtbar macht und an dessen Ende ein Kulturentwicklungsplan steht, der eine zukunftsorientierte Kulturpolitik und Kulturarbeit der nächsten Jahre entwirft und die Rahmenbedingungen für eine zeitgemäße Kulturarbeit schafft. Die Kulturentwicklungsplanung hat im Konkreten die Funktion, sinnhafte Projekte und Ansätze in verschiedenen kulturpolitischen Themenfeldern aufzuzeigen, entsprechende Bedarfe abzuleiten und Möglichkeiten zu suchen, wie diese realisiert werden können.

Im Mittelpunkt eines solchen Prozesses stehen Fragen wie: Welche Rolle haben Kunst und Kultur in der Stadtentwicklung? Darf man ihnen überhaupt eine Rolle zuschreiben? Wo liegen (zukünftige) Schwerpunkte? Wie kann man alleine oder gemeinsam mehr erreichen? Wo drückt es, wo läuft es besonders gut? Diese Fragen und viele andere sollten im Mittelpunkt des KEP-Prozesses von Halle stehen.

Übergeordnete Schwerpunkte der Kulturentwicklungsplanung für Halle sollen die Querschnittsthemen kulturelle Teilhabe und Digitalisierung sein. Ein besonderer Blick soll auch auf die Bedarfe und Potentiale der Freien Szene geworfen werden.

Ein partizipativer Prozess

In den Prozess der Kulturentwicklungsplanung werden üblicherweise Kulturakteur*innen, Bürger*innen, Expert*innen, die Politik und die Verwaltung mit einbezogen. Um eine umfassende Bestandsaufnahme und Potentialanalyse der Kulturlandschaft der Stadt Halle zu unternehmen, bleibt, neben dem Kontakt zur Freien Szene, zu städtischen Kulturinstitutionen und unter anderem zu kulturinteressierten Bürger*innen, eine Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Kunsthochschule Burg Giebichenstein, sowie mit den Kultureinrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt, wie dem Landesmuseum für Vorgeschichte und der Moritzburg, nicht aus. Sie alle sind ein gewichtiger Teil der städtischen Kunst- und Kulturszene. Für diese Kooperation mit landeseigenen Institutionen, ist auch eine finanzielle Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt am Planungsprozess und am KEP bis 2035 erstrebenswert.

Bei der Aufstellung des Kulturentwicklungsplans kann darüber hinaus auch eine wissenschaftliche Beratung und Begleitung dieses Prozesses, etwa durch erfahrene Kulturwissenschaftler*innen, gewinnbringend sein. Städte wie Frankfurt und Düsseldorf haben sich von Expert*innen beraten lassen und für die Kulturentwicklungsplanung und den aufgestellten KEP Mittel im Haushalt eingestellt. An dessen Umfang haben wir uns für diesen Antrag orientiert.

Um die Kulturentwicklungsplanung der Stadt möglichst transparent und multiperspektivisch zu gestalten, berufen zahlreiche Städte und Kommunen einen Beirat, bestehend aus Akteur*innen der städtischen Kultureinrichtungen, des Fachbereichs Kultur und der freien Szene sowie Stadtratsmitgliedern, ein. Der Beirat soll die Kulturentwicklungsplanung und die Umsetzung des KEP kritisch-konstruktiv begleiten. So hat auch die Stadt Düsseldorf im Rahmen ihrer Kulturentwicklungsplanung einen KEP-Beirat[11] eingerichtet. Die Stadt Dessau-Roßlau setzt auf einen in seinen Aufgaben und der Zusammensetzung ähnlich aufgestellten Kulturkonvent. Für die Stadt Halle soll der KEP-Beirat die Stadtverwaltung unterstützend bei der Aufstellung und Umsetzung des Kulturentwicklungsplans beraten.

Mit einem Kulturentwicklungsplan bis 2035 stellt die Stadt Halle demzufolge ihre Kunst und Kultur neu auf, sie macht sie zukunftsfähig und resilienter gegenüber Krisen und Transformationsprozessen.

Diese Initiative auf dem Bürgerinfoportal der Stadt Halle (Saale) einsehen.

Bild: Solo Theater von Andrew Otto lizensiert unter CC BY-SA 2.0

[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/zukunftszentrum-einheit-2059090

[2] https://zukunftszentrum-halle.de/kunst-kultur

[3] https://halle.de/fileadmin/Binaries/Kultur/kulturpolitische_leitlinien_endf__11062014__1_.pdf

[4] https://www.frankfurt-oder.de/Angebote-Beteiligungen/Angebote/Kultur/

[5] https://www.netzwerk-kulturberatung.de/content/1-ueber/1-dr-patrick-s-foehl/1-publikationen/kulturentwicklungsplanung/foehl_kulturentwicklungsplanung_kompendium-kulturmanagement-4.-aufl.2017.pdf

[6] https://www.kep-duesseldorf.de/

[7] https://www.kulturentwicklungsplan.koeln/de/

[8] https://kep-ffm.de/

[9] https://www.frankfurt-oder.de/index.php?La=1&NavID=2616.1914&object=med,2616.10285.1.PDF

[10] https://verwaltung.dessau-rosslau.de/fileadmin/Verwaltungsportal_Dessau-Rosslau/Kultur_Tourismus/Kulturentwicklungsplan/Auswertung_Buergerbeteiligung.pdf

[11] https://www.kep-duesseldorf.de/projektpartner/kep-beirat/