Der hallesche Stadtwald benötigt bessere Pflege

Blick aus der Vogelperspektive auf den Wald der Dölauer Heid. Vereinzelt mischen sich braune Stellen unter das Grün. Besonders die falchwurzelnden Nadelgehölze sind größtenteils abgestorben.
Dölauer Heide

STATUS

beschlossen

Der hallesche Stadtwald erstreckt sich auf einer Fläche von gut 1250 Hektar und hat einen hohen Stellenwert als Erholungsgebiet für die Bevölkerung. Die zukunftsorientierte und nachhaltige Bewirtschaftung der kommunalen Waldflächen sollte darauf ausgerichtet sein, die Umwelt-, Erholungs- und Klimaschutzfunktion des Stadtwaldes langfristig zu sichern.

Seit 2001 werden die kommunalen Waldflächen der Stadt Halle (Saale) vom Betreuungsforstamt Naumburg bewirtschaftet. Ein vergleichender Blick in die Forstwirtschaftspläne der Städte Halle (Saale) und Leipzig für das Jahr 2021 macht deutlich, dass das Betreuungsmodell für den Stadtwald Halle nicht optimal ist. Der Prozess der Waldverjüngung wurde in den vergangenen zehn Jahren nicht ausreichend vorangetrieben.

Mit einem eigenen Revierförster wäre das Team Forsten/Landwirtschaft mit eigener forstlicher Sachkenntnis für alle Belange des Stadtwaldes zuständig. Der Revierförster ist bei allen Planungen, die den Stadtwald betreffen, frühzeitig zu beteiligen. Synergieeffekte würden sich dadurch ergeben, dass andere Verwaltungseinheiten (Fachbereich Umwelt, Untere Forstbehörde, Untere Naturschutzbehörde, Freiraumplanung) unmittelbar forstfachliches Wissen erfragen und nachnutzen könnten.

Zu den Aufgaben des Revierförsters soll insbesondere gehören:

  • Planung, Leitung, Abrechnung und Dokumentation aller im Stadtwald erforderlichen Arbeiten zur nachhaltigen, naturschutzgerechten Waldbewirtschaftung gemäß Landeswaldgesetz mit Jahresplänen auf der Grundlage der periodischen Planung (Forsteinrichtung)
  • forstfachliche Planung von Erstaufforstungen, Waldumbauten etc. auch bei Kompensationsmaßnahmen Dritter nach Naturschutzrecht und anderen Rechtskreisen
  • Holzvermarktung
  • Verkehrssicherung
  • Waldschutz
  • Öffentlichkeitsarbeit

Städtische Betriebe könnten bei Maßnahmen im Wald (wie z.B. auf der Rabeninsel) Planungskosten durch Dritte sparen. Waldumbauten (wie z.B. im Trothaer Wäldchen) würden im komplexen städtischen Interesse durch den Stadtförster umgesetzt. Durch regelmäßige Waldsprechstunden und Veröffentlichungen wird die Bewirtschaftung des Stadtwaldes transparent. Die interessierte Stadtgesellschaft, Naturschutz- und andere Interessenverbände sowie die Medien werden einbezogen.

Bereits im Mai 2019 hat der Stadtrat folgenden Beschluss gefasst: „Die Stadtverwaltung prüft, ob die umfassenden Aufgaben der Waldbewirtschaftung durch eine stadteigene Forstverwaltung erledigt werden sollten. Dabei sollen die Erfahrungen der Städte mit eigener Forstverwaltung (z.B. Leipzig) einbezogen werden. Dem Stadtrat soll bis zum 3. Quartal 2019 eine Abwägung vorgelegt werden.“ Eine entsprechende Abwägung liegt dem Stadtrat
jedoch bis heute nicht vor.

Diese Initiative auf dem Bürgerinfoportal der Stadt Halle (Saale) einsehen

Bessere Pflege für den Stadtwald – Eine Exkursion in Bildern

Panorama der Dölauer Heide mit Blick vom Kolkturm in Halle (Saale)
Blick vom Kolkturm auf die Dölauer Heide in Halle (Saale)

Die Dölauer Heide (Stadtwald) erstreckt sich über 658 Hektar und wurde in der Vergangeheit vorrangig wirtschaftlich genutzt. Heute dient sie als Erholungsort. Schon der Blick vom 15,5 Meter hohen Kolkturm macht deutlich, wie hoch die Zahl der abgestorbenen Bäume ist. Die braunen Flecken im grünen Teppich aus Baumkronen fallen schnell ins Auge. Unglücklicherweise enden die Herausforderungen und Probleme des Stadtwaldes damit nicht. Wir begaben uns auf eine kleine Exkursion, um zu sehen, wie es um die “grüne Lunge” unserer Stadt bestellt ist.

Fehlende Kulturpflege

1. Baumpflanzaktion

An dieser Stelle fand die 1. Baumpflanzaktion im am 3. Oktober
2019 statt. Die meisten der damals gepflanzten Setzlinge sind ihrer Jugendphase entwachsen und beherrschen den Standort. Sie erscheinen gesund. Zwischen den Bäumen ist eine Freifläche erkenntlich. Hier zeigt sich die fehlende Kulturpflege. Mit der Kulturpflege sind Maßnahmen gemeint, wie bspw. das Abmähen oder das Zurückschneiden von Sträuchern, Gras und Kräutern, die darauf abzielen, den Wuchs der jungen Bäume zu fördern. Solch eine Pflege sollte, je nach Erfordernis, ein- bis dreimal im Jahr stattfinden. Vielleicht lassen sich hier durch Pflege einige nicht mehr sichtbare kleine Eichen retten.

2. Baumpflanzaktion

Auf diesem Waldabschnitt fand die 2. Baumpflanzaktion im Herbst 2020 statt. Am rechten Bildrand sind ein paar Jungbäume mit einer Höhe von etwa 5 Metern zu erkennen. Ansonsten wird das Gelände großflächig von Brombeer-, Schneebeer- und Zwergmispelsträuchern überzogen. Diese Sträucher wachsen rasant, sobald sie genügend Sonnenlicht erhalten und lassen den Baumsetzlingen keine Chance. Eine baldige Kulturpflege kann hier helfen, die jungen Bäume aus dem Gröbsten herauszubringen.

3. Baumpflanzaktion

Die 3. Baumpflanzaktion der Stadt Halle (Saale) fand am 03.10.21 statt. Die Setzlinge von 3000 Stieleichen, 250 Hainbuchen und 250 Winterlinden wurden in Furchen gepflanzt, welche mithilfe eines Forststreifenpfluges gezogen wurden. Diese Art der Pflanzung trägt dazu bei, dass die kleinen Baumsetzlinge in ihren ersten Monaten nicht allzu sehr mit krautigen Pflanzen und Sträuchern in ihrem direkten Umfeld um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren müssen. Die umliegenden Zäune schützen vor Rehen, Hasen und Co., für die die vielen kleinen Laubbäume ansonsten eine sehr willkommene Mahlzeit wären.

Fehlender Schutz von jungen Bäumen und Wildlingen

Eichen- und Buchenwildlinge

Eichen- und Buchenwildlinge „wie Haare am Hund“. Die natürliche Vermehrung durch Eicheln und Bucheckern unter den Elternbäumen ist nach wie vor meist die effizienteste. Nahezu der gesamte Waldboden ist an dieser Stelle übersäht. Würde man hier einen Zaun bauen, könnte diese Saat nicht von Rehen abgefressen werden.

Wildverbisss

Das Blattwerk dieser kleinen Roteiche wurde abgefressen. Im Fachjargon nennt man dies Wildverbiss. Der Wildverbiss hindert das Wachstum dieses Baumes. Ein Baumschutz in Form eines Gitters könnte hier helfen.

Kranke Bäume, Totholz und das Problem der Verbuschung

Abgestorbene Kiefern und Verbuschung

Ein Großteil der Kiefern hat die letzten sehr trockenen Jahre nicht überlebt. Das zusätzliche Licht am Waldboden hat die sogenannte Verbuschung befördert. Damit ist der übermäßige Wuchs von Sträuchern gemeint, die wiederum jungen Baumwildlingen Wasser, Nährstoffe, aber vor allem Licht streitig machen. An dieser Schneise, forstfachlich Rückegasse oder einfach Gasse genannt, wird dies besonders deutlich. Sie wurde von ein paar Jahren planmäßig angelegt, damit Traktoren und Maschinen bei zukünftigen Durchforstungen, sprich waldbauliche Pflegemaßnahmen, nicht kreuz und quer durch den Wald fahren und den Waldboden großflächig verdichten.

Ahornbäume mit Rußrindenkrankheit und Totholz

Diese Bergahornbäume sind von der Rußrindenkrankheit befallen, einem Pilz. Die Sporen dieses Pilzes muten wie Ruß an. Es ist ein sehr feiner, schwarzer Sporenstaub, welcher unter der abgeplatzten Rinde zum Vorschein kommt. Damit ist klar, woher der Name kommt. Viele der Bäume sind bereits komplett abgestorben und wurden behelfsmäßig gestapelt.

Trockenbruch durch Rußrindenkrankheit

Ein näherer Blick auf einen der Stämme eines toten Ahorns zeigt wie sehr der Pilz, welcher die Rußrindenkrankheit verursacht, dem Baum das Wasser und damit jeglichen Nährstoff entzogen hat. Das tote Ahornholz verliert all seine Flexibilität. Diese Stämme brechen schon bei schwachem Wind.

Abgestorbene Pappeln zwischen Heide-Süd und der Gartenstadt Nietleben

Die Hybridpappel ist eine Kreuzung aus der Kanadischen und der Europäischen Schwarz-Pappel. Sie wurde zahlreich auf diesem Waldstück gepflanzt. In den letzten Jahren sind alle Exemplare eingegangen und verrotten nun. Anstatt CO2 aufzunehmen, Kohlenstoff zu binden und Sauerstoff abzugeben, ist nun vielmehr das Gegenteil der Fall. Zudem sorgen sie für ein Temperaturungleichgewicht in diesem Teil des Waldes. Tote Bäume kühlen die Waldluft nicht durch Transpiration und erzeugen weniger Schatten als lebende.

Eiche umgeben von abgestorbenen Rotbuchen und Kiefern

In der Mitte des Bildes erhebt sich eine Eiche. Sie ist umgeben von toten Kiefern und Buchen mit stark beschädigten Rinden. Diese Bäume konkurrieren um Licht. Hin und wieder ist es erforderlich gezielt Bäume zu entnehmen, sprich zu fällen, um Platz für die restlichen Bäume zu schaffen. Dabei geht es nicht darum, Profit herauszuschlagen. Solche Maßnahmen dienen dazu, den Lebensraum als Ganzes vital zu erhalten und seine Funktion als grüne Lunge sicherzustellen.

Schneebeere

Die Schneebeere fühlt sich in der Dölauer Heide ausgesprochen wohl. Sie wächst auf sandigen und lehmigen Böden. Der Strauch kann eine Höhe von bis zum 2 Metern erreichen und raubt damit so manchem Baumwildling oder -setzling das Licht.

Zwergmispel

Die dunklen Beeren dieser chinesischen Zwergmispelart werden gern von Vögeln gefressen, die Samen an anderer Stelle ausgeschieden und, wenn alles passt, wachsen neue Zwergmispelsträucher. Sie breiten sich rasant aus und befördern an manchen Stellen die Verbuschung.

Baumkrone einer abgestorbenen Kiefer

Die Kiefer hatte es in den letzten Dürrejahren besonders schwer. Obwohl sie ein Tiefwurzler ist und je nach Beschaffenheit des Bodens verschiedene Wurzelsysteme ausbilden kann, gelang es vielen Exemplaren nicht an ausreichend Wasser und Nährstoffe zu gelangen.

Baumkrone einer abgestorbenen Birke

Birken benötigen viel Sonne oder zumindest helle halbschattige Plätze. Als Flachwurzler nehmen sie Wasser und Nährstoffe größtenteils aus dem versickernden Oberflächenwasser auf. Mehr als 50 verschiedene Birkenarten sind bekannt. Sie neigen dazu opulente Kronen auszubilden. Dieses Exemplar hat seine Zeit allerdings hinter sich.

Kiefer mit Pilzbefall

Die Kiefer im Vordergrund wurde nach ihrem Tod durch Borkenkäfer von einem Pilz befallen. Die Rinde ist zum Teil bereits abgeplatzt. Durch die extreme Dürre der letzten 3 Jahre fehlt es den Bäumen an Wasser. Pilze und tierische Schädlinge, wie der Borkenkäfer, haben leichtes Spiel, da die Abwehrmechanismen des Baumes geschwächt sind. Von diesem Baum geht keine Gefahr mehr für lebende Kiefern aus. Selbst wenn das Holz nur noch einen geringen Erlös erzielt, ist eine Verwertung ratsam. Mit den Einnahmen aus dem Holzverkauf können dort Bäume gepflanzt werden, wo sonst über eine lange Zeit nur Sträucher wachsen würden.

Ein gutes Beispiel und weitere Infos zur Forstwirtschaft

Gesunde Bäume