Gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Frauen – Zu Besuch bei Wildwasser Halle e.V.

Anfang Mai besuchte Stadträtin Dr. Regina Schöps die Beratungsstelle Wildwasser Halle e.V. in der Großen Steinstraße 61/62. Von einer Gruppe engagierter Frauen im Oktober 1992 gegründet, macht sich der Verein seither gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Frauen stark.

Anlass für ihren Besuch war eine Anfrage zu eben solchen Beratungsangeboten in Halle. Zudem wollte sie herausfinden, ob es eine Fachstelle gibt, die sich auf die Beratung von Jungen und jungen Männern spezialisiert hat, welche sexualisierte Gewalt erfahren haben. In der Antwort der Verwaltung tauchte immer wieder die Beratungsstelle Wildwasser Halle e.V. auf.

Die drei Mitarbeiterinnen Michaela Koch, Daniela Rackow und Melanie Händel betreuen nicht nur Klientinnen und Klienten aus Halle, sondern aus dem ganzen südlichen Sachsen-Anhalt. Als eine von gerade einmal vier Beratungsstellen in Sachsen-Anhalt sind sie äußert gefragt.

Gruppenfoto der Beraterinnen der Beratungsstelle Wildwasser Halle e.V. und Stadträtin Frau Dr. Schöps
v.l.n.r.: Michaela Koch, Dr. Regina Schöps, Melanie Händel, Daniela Rackow

Frau Koch ist seit 2012 bei Wildwasser Halle e.V. tätig und sagt, das Netzwerk würde zwar gut funktionieren, doch insgesamt gäbe es zu wenig Stellen in Sachsen-Anhalt. In anderen Bundesländern, wie bspw. Berlin gäbe es weitaus mehr Beratungsstellen, die darüber hinaus noch besser ausfinanziert seien. Sie berät Kinder, im vergangenen allein waren es 48 Mädchen und etwa 7 Jungen. In den meisten Fällen werden die Kinder von anderen Hilfs- oder Beratungspersonen an sie weitervermittelt. Mädchen fänden hin und wieder auch allein den Weg zu ihnen. Frau Koch und ihre Kollegin Frau Rackow führen das auf die Präventionsveranstaltungen zurück. Nach solchen Veranstaltungen steigen die Anfrage für Beratungstermine oftmals sprunghaft an.

Melanie Händel, seit 2020 dabei, widmet sich ausschließlich dem Bereich Prävention und Öffentlichkeit. Bei Jungen und männlichen Teenagern sei das Thema sexuelle Gewalt noch stark mit Scham behaftet, erklärt sie. Das Thema mit anderen zu besprechen, darauf verzichte diese Personengruppe eher. Aus Erfahrung wissen die Beraterinnen auch, Männer möchten tendenzielle eher von Männern beraten werden, Frauen lieber von Frauen. Einen Berater im Team können sie sich gut vorstellen, doch erst einmal muss die neue Stelle, welche ab dem 01.07.2022 hinzukommt, ordentlich integriert werden. Über den Zuwachs freuen sie sich sehr, denn Hilfe können sie gebrauchen. Nicht zu unterschätzen ist jedoch, dass der Eigenanteil bei der Finanzierung von bisher 10 % dadurch beträchtlich steigen wird. Und wie sieht es mit dem Platzangebot in der Beratungsstelle aus?

Seit vielen Jahren bereits suche man nach neuen Räumlichkeiten, berichtet Daniela Rackow. Sie berät hauptsächlich Erwachsene in ihrem Arbeitsalltag und ergänzt das Team seit 2018. Doch es ist nicht einfach Räumlichkeiten zu finden, die zum einen mehr Platz bieten, zum anderen aber zentrumsnah, gut angebunden, barrierefrei und selbstverständlich bezahlbar sind.

Besonders im Hinblick auf die Barrierefreiheit wolle man sich verbessern. Zwar befindet sich ein Fahrstuhl im Gebäude, bis man zu ihm gelangt, muss man allerdings drei Stufen nehmen und einen Absatz vor dem Eingang überwinden. Selbstverständlich mache man auch Hausbesuche, das ginge gar nicht anders. Es sei aber das letzte Mittel zum Zweck, gibt Frau Koch zu bedenken, da man damit in den Schutz- und Schonraum der Klientinnen und Klienten eindringe.

Man merkt den drei Beraterinnen an, sie üben ihren Job mit Herz und Seele aus. Einen Wunsch, das betonen sie, haben sie jedoch. In Sachen Prävention müsse wesentlich mehr geschehen. Beratungsleistungen sind gut und wichtig, aber weil es sich um ein Tabuthema handelt und die Betroffenen Scham empfinden, vermeiden es nach wie vor viele von ihnen Hilfe zu suchen.

Das Haus in der Großen Steinstraße 61/62 – Sitz der Beratunsgstelle
Regina Schöps im Gespräch mit Michaela Koch und Daniela Rackow

Das ist auch ein Grund, weswegen die Beratungsstelle nur sporadisch Spenden erhält. Anfragen bei großen potentiellen regionalen Geldgebern verliefen häufig im Sande. Meistens sind es Privatpersonen, die selbst nicht viel Geld zur Verfügung haben, das Angebot der Beratungsstelle jedoch sehr schätzen und daher spenden.

Nach einem gut einstündigen Gespräch mit Führung durch die sehr liebevoll gestalteten Räumlichkeiten verabschiedet sich Frau Dr. Schöps und nimmt zwei konkrete Anfragen für ihre Arbeit in den Ausschüssen mit:

1. Anfrage für größere Räumlichkeiten (zentrumsnah, bezahlbar, gut angebunden, nicht direkt einsehbar, barrierefreier Zugang)

2. Anfrage für eine weitere Personalstelle, mit dem Ziel einen männlichen Berater zu gewinnen